Die Frühzeit- Felsbilder aus dem Mesolithikum
Die Archäologen haben sich lange Zeit nur mit den zahlreichen Denkmälern aus
der Pharaonen-Zeit beschäftigt. Die Vorgeschichtsforschung ging in der
Faszination über diese großartigen Monumente ein wenig unter. Unter den
Gästen die zur Einweihung des Suezkanals geladen waren befanden sich auch
Geologen. Diese stellten bei dieser Gelegenheit die Frage nach der
Frühzeit Ägyptens. Man stellte fest, dass die Feuersteinwerkzeuge des
Landes den europäischen Fundstücken entsprachen. Noch wurde jedoch um die
Zuverlässigkeit des gefundenen Materials gestritten. Diese Werkzeuge
konnten keiner geologischen Schicht zugeordnet werden. Sie wurden an der
Erdoberfläche ohne Spuren von Tierknochen gefunden, so konnten sie nicht
einmal annähernd datiert werden. Ebenso gut konnten sie aus
geschichtlicher Zeit stammen, da die Ägypter in Unkenntnis der
Metallverarbeitung noch lange Zeit Steingeräte verwendeten. Heute steht
jedoch fest, dass vom Acheuléen an alle altsteinzeitlichen Stufen auch in
Ägypten vertreten sind.
Bei Sebil in der Nähe von Kom Obmbo wurde eine Kultur aus dem
Jungpaläolithikum entdeckt. Nach ihrem Fundort wurde diese Sebilien
genannt. Sie weist Ähnlichkeiten mit dem Capsien in Nordafrika auf. Deren
Menschen waren umherziehende Jäger. Das waldreiche Gebiet mit seinen
Baumsteppen war wildreich. Hier lebten Elefanten, Löwen, Antilopen aber
auch Wasservögel und Nil-Fische im Überfluss. Die Felsbilder aus dem
Mesolithikum an den steilen Wänden der Flüsse lassen darauf schließen,
dass verschiedene Rassen Ägypten durchwanderten und ihr Spuren dort
hinterließen.
Jene Felsbilder Ägyptens, die sich nicht im Nil-Tal, sondern in den
Seitentälern des Hammamat-Gebirges befinden wurden von H. A. Winkler
eingehend untersucht. Man hatte bis zu diesem Zeitpunkt ihnen keine
Bedeutung geschenkt. Nach Schichtenfolge, Stil der Bekleidung, Schmuck
und Haartracht der Dargestellten konnte man fünf Gruppen
vorgeschichtlicher Felsbilder unterscheiden. In den beiden ältesten
Schichten fand man Bilder der Keilstil- und der Penistaschen-Leute. Beide
gehören zur hamitischen Rasse. Die Keilstil-Leute stellten den
menschlichen Oberkörper keilförmig, meist in Frontalansicht dar. Die
Haartracht der Männer ist pilzförmig. Die nachfahren dieser alten
Bevölkerung waren die Penistaschen-Leute, ein altes Hirtenvolk der Berge
welches der Amratien-Kultur zugeordnet wird. Die Männer sind bis auf die
Penistasche nackt dargestellt, die Frauen ganz ohne Bekleidung. Dies sind
bewegte und dynamische Darstellungen. Die Federschmuck-Leute gehörten
einer Einwanderungswelle aus dem Osten an. Sie sind ebenfalls in die
Amratien-Kultur einzuordnen. Ihren Namen haben sie durch die Federn
erhalten, die in ihren Haaren steckten. Sie lebten vor allem von der Jagd.
Auffallend ist die häufige Darstellung von Schiffen. Ihre Darstellung ist
nicht ägyptisch und die Bemannung ist durch Striche wiedergegeben.
Schifffahrt schein ein zentrales Thema im Leben dieser Menschen gewesen zu
sein. Man nimmt an, dass sie über das Rote Meer nach Ägypten kamen. Die
Dira-Leute, die vierte Gruppe, werden nach ihrem herabfallenden Haar
benannt. Es handelt sich um eine hier heimische Bevölkerungsgruppe,
welche mit den Federschmuck-Leuten zusammenlebte. Als letzte Gruppe
werden die Standarten-Leute genannt. Auf ihren Zeichnungen sind Schiffe
mit Standarten zu erkennen. Die Haltung der dargestellten Menschen ist
starr. Die Motive erinnern an die rot bemalten Vasen aus dem Gerzeen. Man
vermutet, dass die Standarten-Leute Träger dieser Kultur waren und aus dem
Mündungsdelta nach Süden vordrangen.