Ägypten

Kaum ein Land und eine Kultur werden so sorgfältig erforscht wie Ägypten. Die Vollkommenheit der Begräbniskultur trägt mit Sicherheit ebenso dazu bei, wie das trockene Klima. Ein schützender Sandteppich hat die Zeugnisse aus mehreren Jahrtausenden erhalten. Ägypten ist für uns der Inbegriff des Altertums. Die Geheimnisse der Sphinx und der Pyramiden, die wundervollen Schätze der Pharaonen beflügeln die Phantasie der Menschen. Während manch wichtige Funde oft keine Beachtung der Öffentlichkeit erreichte, fanden Entdeckungen wie das Grab des Tutanchamun vor allem wegen des materiellen Reichtums, großes allgemeines Interesse. Natürlich sind Entdeckungen dieser Art eher selten. In Wirklichkeit ist die Arbeit der Archäologen mühsam und langwierig. Der Erfolg steht oft in keinem Verhältnis zum Zeit- und Kosteneinsatz.

Geografischer Überblick über das historische Ägypten

Ägypten ist ein besonderes Land in einem besonderen geografischen Gebiet. Vom über 6 6600 km langen Strom des Nils liegen etwa 1400 km in Ägypten. Zur Zeit seiner größten Ausdehnung um 1400 vor Christus waren es nahezu 1800 km. Nubien damals bis zur 4. Stromschnelle des Nils und unterstand dem ägyptischen Vizekönig. An dem südlichen Ende der 2. Stromschnelle liegt Semne. Eine Grenzstadt des Mittleren Reiches. Hier finden sich noch heute Ruinen mehrere Befestigungsanlagen aus der Zeit um 1850 v. Chr. Die Vegetation wird zwischen der 2. und 1. Stromschnelle üppiger. Die große Festung Buhen erhebt sich gegenüber Wadi Halfa. Ihre Anfänge gehen auf die 4. bis 5. Dynastie zurück. Anschließend folgend die unter Ramses II, 1250 v. Chr. Aus dem Fels gehauenen Tempelbauten von Abu Simbel. Besonders beeindruckend sind die über 20 m hohen Kolossaltstatuen. Nördlich von Assuan zwängt sich der Nil bei der 1. Stromschnelle durch eine letzte Granitenge, dann strömt er ungehindert dem Meer zu. Knapp 100 km weiter, bei Edfu, erhebt sich eines der besterhaltenen Denkmäler, der grandiose Tempel des Falken- und Sonnengottes Horus. Er stammt aus der Ptolemäerzeit, also aus dem 3. bis 2. Jahrhundert vor Christus. Noch einmal 20 Kilometer weiter nördlich befinden sich die Ruinen von Nechen, einer alten königlichen Residenz, und von Necheb (heute Elkab) der früheren Hauptstadt des Südreiches.
Theben lag ca. 200 km nördlich der 1. Stromschnelle. Hier verbreitert sich das Flusstal. Theben war die südliche Hauptstadt des Neuen Reiches. Hier findet man die Tempelstätten von Luxor und Karnak.
130 km weiter flussabwärts findet man das alte Abydos. Es wurde in der 1. Dynastie um 3000 v. Chr. Gegründet und galt als die Hauptkultstätte von Osiris, dem Gott des Totenreichs. Hauptgebäude ist der Tempel von Setho I, erbaut 1300 v. Chr.
Nach weiteren 200 km folgt Amarna. Diese Stadt des Königs Echnaton wurde etwa 1350 v. Chr. Erbaut und war dem Sonnengott Aton geweiht. Hier wurde der Kopf der Nofretete gefunden, aber auch die berühmten Amarna-Briefe. Diese berichten über die Beziehungen zu den Stadtstaaten in Syrien, Mesopotamien und Palästina.
Gegenüber von Amarna, am westlichen Ufer, lag das alte Mermopolis des Thot, eine Kultstätte des Gottes der Gelehrsamkeit und der Schrift. Auch ein Tempel des Ramses' II wurde hier gefunden. In der Nähe befanden sich die Provinzstädte des Mittleren Reiches, Beni Hassan und Meir.
Etwa 250 km vor der Mündung in das Meer dehnt sich westlich des Nils eine 60 km breite und lange Senke aus, das Faijum. Diese große Oase wurde von den Pharaonen durch einen Kanal mit dem Nil verbunden. Südlich des Faijum erstreckt sich am Westufer des Nils die lange Kette der Pyramiden. Sie zieht sich von Herakleopolis bis Abu Roasch hin. Zu ihr gehören die Bauten von Saqqara, Abusir und Gise. Mitten in diesem Bereich stand die alte Hauptstadt Nordägyptens, Memphis. Noch immer liegen Reste dieser Stadt unentdeckt unter dem Nilschlamm verborgen. Ein Teil der Steine wurde zum Bau von Kairo verwendet.
Wenige Kilometer nördlich teilt sich der Strom ins Nildelta. Hier befanden sich einst berühmte Städte Unterägyptens. Heliopolis mit dem großen Sonnenheiligtum. Weiter nördlich lag Bubastis, die Residenz der Könige der 22. Dynastie und Tanis mit einem von Ramses II erbauten Tempel und Gräbern aus der Zeit im 1000 v. Chr., auch Buto und Mendes sind hier gelegen.
Dieser schmale fruchtbare Streifen auf beiden Seiten des Nils war durch Wüsten im Osten und Westen vor fremden Einfällen und Angriffen geschützt. So konnte sich durch Jahrtausende eine eigene, einheitliche Kultur entwickeln. Auf der anderen Seite erschwerten die großen Entfernungen die straffe politische Organisation. Die örtlich gebundenen Eigenheiten der Bevölkerung führten zur erbitterten Feindschaft zwischen Ober- und Unterägypten und zu Machtkämpfen, welche die Zentrale Gewalt des Reiches erschütterten.