Die frühdynastische Zeit - Thiniten-Zeit
Die berühmte Schminkpalette des Königs Narmer aus Hierakonpolis wird auf
2900 v. Chr. Datiert. Sie steht am Anfang einer Zeit grundlegender
Erfindungen des menschlichen Geistes: der Entstehung der ägyptischen
Schrift, der Einführung des Kalenders mit einer Tageszahl von 365 Tagen,
der Entwicklung der Mathematik auf Basis eines Dezimalsystems und auch der
Nutzbarmachung von Papyrus als Schreibmaterial. Man kann sagen, dass die
Entwicklung von Schrift und Zeitrechnung gemeinsam die Voraussetzungen
sind Kulturgeschichte festzuhalten und zu erleben.
Narmer gilt als der Reichseiniger und trug den Titel "König von Oberägypten
und König von Unterägypten". Die Palette zeigt alle Wesenzüge der späteren
ägyptischen Kunst auf. Möglicherweise ist sie eine Wiedergabe seines
Sieges über den nördlichen Teil des Landes. Historische Darstellungen,
Symbole und Schriftzeichen erscheinen nebeneinander. Die Darstellung
zeigt den König, welcher mit der Kampfkeule einen gestürzten Gegner
erschlägt und ihn an den Haaren packt. Da der Fein völlig wehrlos ist handelt
es sich um eine rituelle Kampfhandlung. Narmer selbst ist barfuss
abgebildet, ein Diener im Hintergrund trägt seine Sandalen. Oben rechts
ist die Abbildung eines Falken zu sehen, Symbol von Horus, dem Gott
Oberägyptens und des siegreichen Königs. Unter dem Falken wachsen
Papyrusstauden. Sie symbolisieren Unterägypten, den gestürzten
Feind.
Narmer wird noch der Frühzeit zugeordnet. Mit dem König Horus Aha um 2850 v.
Chr.. die Geschichte Ägyptens. Man unterteilt diese Epoche in die
frühdynastische Zeit (Thiniten-Zeit) von etwa 2850 – 2650, in das Alte
Reich von etwa 2650 – 2190, in die Erste Zwischenzeit von 2190 -2040, in die
Zweite Zwischenzeit (Hyskos-Zeit) von 1640 – 1527 und in das Neue Reich von
1550 – 1070 v. Chr. Die folgende 21. bis 23. Dynastie von 1070 – 332 v. Chr.
Gehört der Spätzeit an.
Königsgräber der 1. Dynastie in Thinis (Oberägypten) sind bei Abydos seit
langem bekannt. Anfang des 30er Jahre wurden ach am Nordrand der Nekropolis
von Saqqara in der Nähe von Memphis Grabanlagen der 1. Dynastie freigelegt.
Diese wohnhausähnlichen Grabanlagen geben über die frühe Entwicklung
Aufschluss. Es sind rechteckige, mit Ziegeln oder Steinen abgedeckte
Erdhügel, von denen ein Schacht in die unterirdische Grabkammer führt. Ihr
Oberbau in Saqqara bestand aus sonnengetrockneten Ziegeln mit
nischenförmigen Mauern. Man fand in ihnen Gegenstände mit Namen von
Königen der 1. Dynastie, deren Gräber man bereits in Abydos entdeckt hatte.
So nahm man an, dass es sich wohl um Doppelbestattungen mit einem Scheingrab
im Süden handelt, um dem erst kurzen Doppelkönigtum Rechung zu tragen.
Wahrscheinlich gehören diese Grabstätten jedoch hohen Beamten des
Herrschers. In Saqqara gibt es auch königliche Mastabas aus dieser zeit. In
ihrer Umgebung finden sich Gräber für die geopferten Diener, welche für den
Dienst im Jenseits bestimmt waren. So liegen neben der Mastaba der Königen
Mer-Meith beispielsweise 22 Gräber, in denen die Toten in Hockstellung
beigesetzt waren. In einem ausgeraubten Grab wurden aus Ton modellierte
Stierköpfe mit echten Hörnern, auf einer Bank aufgereiht, gefunden. Diese
Symbole erinnern an einen frühen Begräbniskult aus Catal Hüyük. Im Grab
eines Würdenträgers aus der 1. Dynastie wurden Opfermesser aus
Feuerstein, Elfenbeinpfeile und eine schwarze Specksteinscheibe mit
farbigen erhöhten Alabastereinlagen gefunden. Gleich neben dem Grab
wurde eine riesige Speicherkammer gefunden, die mit Lebensmitteln
gefüllt war. Die dort aufbewahrten Vorräte hätten ausgereicht, die
Bevölkerung einer ganzen Stadt zu ernähren. In den über 40 Vorratsräumen
entdeckte man einen Keller mit mehr als 2000 Weinkrügen. Sie waren
sorgfältig mit Stöpseln aus getrocknetem Nilschlamm verschlossen. Man
glaubte damals, der Tote verzehre im Jenseits wirkliche Nahrung und
Getränke. Erst später war man davon überzeugt, dass eine Nachahmung genüge
um die gleiche Wirksamkeit zu erzielen. Die ägyptischen Toten wurden mit
allem ausgestattet, was ihnen nützlich sein könnte. Im Grab der Königin
Hetepheres I. (Mutter des Cheops) fand man leichte, elegante Reisemöbel
aus goldbeschlagenem Zedernholz. Dies ist der einzige Fund dieser Art.
Diese frühdynastische Periode brachte zum ersten Mal eine Bündelung der
Kräfte für größere Planungen, aber auch für innere Auseinandersetzungen
und Kämpfe.